Kritische Beurteilung

Zunächst ist zu beachten, dass die Werte, die über Rückverlagerungen vorliegen allesamt aus der PI-Erhebung des Fraunhofer Instituts entnommen wurden. Wobei beachtet werden muss, dass z.B. im Jahr 2003 insgesamt 1.331 Betriebe befragt wurden. Insgesamt wurden die Untersuchung und die Werte, die über Rückverlagerungen erhoben wurden also anhand 75 Unternehmen durchgeführt.

Dies stellt nicht unbedingt den Umfang dar, der für eine tiefgreifende Untersuchung von Rückverlagerungen ideal wäre. Es handelt es sich bei diesen Werten um die einzigen Werte, die über Rückverlagerungen vorliegen.15 Dennoch lassen sich gewisse Entwicklungen aus den Untersuchungen ableiten. Diese Entwicklungen sollten aber aufgrund der niedrigen Fallzahl kritisch betrachtet werden. Durch das Heranziehen eines Risikoindikators, der auf dem EUROMONEY-Risikoindex basiert, lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Länderrisiken und der Entwicklung von Rückverlagerungen darstellen. Jedoch ist die Aussagekraft dieses Ergebnisses, nicht nur aufgrund der schwachen Korrelation, stark eingeschränkt. Es ist zu beachten, dass für die Bildung des Durchschnittslandes nur drei jeweils gleichgewichtete Länder eingeflossen sind. Um eine genaue Analyse von der Region Westeuropa durchführen zu können, müssten möglichst alle westeuropäischen Länder, gewichtet gemäß ihrer Bedeutung als Produktionsstandort für deutsche Unternehmen, in die Beobachtung miteinbezogen werden. Auf dies wurde aber bewusst in dieser Arbeit verzichtet, da ansonsten der Rahmen der Arbeit gesprengt worden wäre. Die Korrelationsanalyse mit den Risikoindikatoren wurde anhand der Werte der PI-Erhebung des Fraunhofer ISI durchgeführt. Die Aussagekraft dieser Rückverlagerungsquoten ist auch weiter eingeschränkt, weil es sich hierbei um die absoluten Rückverlagerungsquoten in den Beobachtungszeiträumen handelt. Wie sich die Rückverlagerungsquoten in den verschiedenen Regionen, speziell in West-Europa, entwickelt haben, ist leider nicht ersichtlich. 

Trotz allem lassen sich durch die Korrelationsanalyse der Länderrisiken und Rückverlagerungen im Zeitverlauf Hinweise erhalten. Es lässt sich zeigen, dass Veränderungen von Länderrisiken einen gewissen Einfluss auf Rückverlagerungen haben. Dieses Ergebnis unterstützt im Vorfeld getroffene Erwartungen über einen Zusam menhang von veränderten Rahmenbedingungen in Länder und dem Ausmaß von Rückverlagerungen. Die Untersuchung der PI-Erhebung weist außer der eingeschränkten Repräsentativität zusätzlich die zuvor schon angesprochenen Interpretationsmöglichkeiten der Rückverlagerungsgründe auf. Somit lässt sich letztendlich nicht genau zuordnen, welche Hypothesen von einzelnen Gründen unterstützt werden. KINKEL/LAY/MALOCA (2002: 31f.) weisen auch auf diese Interpretationsmöglichkeiten hin, sehen aber trotz allem Rückverlagerungen als Ergebnis von der Unterschätzung von Kosten bzw. der Überbewertung und Faktoren. Die Untersuchung von BORGMANN/KLOSTERMEYER/LÜDICKE (2000) ist auch kritisch zu beurteilen. Die aufgezählten Gründe für die Rückverlagerung stammen aus der Presseberichterstattung. Diese Presseberichte sind, wie bereits angesprochen, zum größten Teil auf das eigentliche Versagen der Internationalisierung gerichtet. Der eigentliche Entscheidungsprozess über die Auslandsverlagerung wird somit nicht betrachtet. Auch die Untersuchung von in Deutschland verbleibenden Unternehmen liefern Hinweise warum Unternehmen ihre Produktion aus dem Ausland zurückverlagern. Jedoch sollte man auch hier bei der Beurteilung kritisch sein. Hier werden „Vorzeigeunternehmen“ betrachtet, die immer wieder u.a. dann herangezogen werden, wenn die Vorzüge des deutschen Standortes aufgezeigt werden sollen. Jedoch wird in die-sem Zusammenhang oft vergessen zu erwähnen, dass diese Unternehmen zum großen Teil sehr komplexe Produkte herstellen und damit eine Auslandsproduktion erschwert ist. Unternehmen, die ihre Produktion ins Ausland verlagern, tun dies nicht nur aus dem Grund, weil sie Potentiale am deutschen Standort unterschätzt haben. Der Wirtschaftsstandort Deutschland weist gewisse Schwächen auf, die nicht durch eine Optimierung der Produktion beseitigt werden können.

[15] Schulte bestätigt, dass weder vom Statistischen Bundesamt, von Landesämtern, Banken oder anderen Instituten Daten erhoben werden (vgl. SCHULTE 2002: 116).

Borgmann, Claudius; Klostermeyer, Axel; Lüdicke, Tanja (2000): Strategische und organisatorische Erfolgsmuster der Herstellung von Einfachprodukten am Standort Deutschland. In: Schmierl, Klaus (Hg.): Intelligente Produktion einfacher Produkte am Standort Deutschland. Frankfurt: Campus Verlag: 61-95.

Kinkel, Steffen; Lay, Gunter; Maloca, Spomenka (2004): Produktionsverlagerungen ins Ausland und Rückverlagerungen. Ergebnisse aus der Erhebung „Innovationen in der Produktion“ des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik. Bericht zum Forschungsauftrag Nr. 8/04 an das Bundesministerium der Finanzen. Karlsruhe: Fraunhofer Institut für Innovation und Systemtechnik.