Zusammenfassung der Hypothesenprüfung

Im Folgenden werden die gefundenen Ergebnisse der vorgenommen Untersuchungen noch einmal kurz zusammengefasst. Die Betrachtung der beiden Fallstudien liefern unterschiedliche Ergebnisse.

Die Anforderungen an die Produkte und deren Produktion hatte sich im Laufe der Auslandsproduktion dahingegen geändert, dass der Qualitätsstandard den man erreichen wollte, nach Meinung der Entscheider bei Varta Microbattery nicht am Standort Singapur realisiert hätte werden können. Deswegen verlagerte das Unternehmen Varta Microbattery seine Produktion bewusst an den deutschen Standort zurück, um die Vorteile, die der deutsche Standort bietet, wieder zu nutzen. Somit wird bei diesem Fallbeispiel die erste Hypothese unterstützt. Anders stellt sich der Fall des Unternehmens Lemken dar. Das Unternehmen Lemken hatte im Vorfeld wichtige Informationen über den Standort Kaliningrad nicht eingeholt und die Potentiale, die der deutsche Standort bot, nicht richtig eingeschätzt. Das Ergebnis war ein Scheitern am ausländischen Standort. Somit unterstützt das Fallbeispiel Lemken die zweite Hypothese. Die Untersuchung der Entwicklung der Länderrisiken und der Entwicklung der Rückverlagerungsquote unterstützt ansatzweise die erste Hypothese. Jedoch sollte, wie bereits oben geschehen, der gefundene Zusammenhang aus verschiedenen Gründen kritisch betrachtet werden. Somit sollte diese Untersuchung statt eines klaren Belegs für die erste Hypothese eher als Indiz dafür gesehen werden, dass Veränderung von Umweltbedingungen einen gewissen Einfluss auf Rückverlagerungsentscheidungen ausüben können.

KINKEL/LAY/MALOCA (2004) tendieren bei ihrer Analyse der Ergebnisse der PI-Erhebung des Fraunhofer Instituts dazu, dass im Vorfeld der Auslandsverlagerung Vorteile am ausländischen Standort überschätzt, Kosten unterschätzt und Vorteile, die der Standort Deutschland bietet, unterschätzt wurden. Somit wird hier vor allem die zweite Hypothese unterstützt. Jedoch wird auch hier in Erwägung gezogen, dass sich gewisse Faktoren während der Phase der Auslandsproduktion dahingegen verändert haben können, dass sie einen gewissen Einfluss auf die Rückverlagerungsentscheidung von Unternehmen ausüben. Die Untersuchung von SCHULTE (2002) unterstützt ebenfalls zum größten Teil die zweite Hypothese. Der Hauptfehler der Unternehmen sieht sie darin, dass ein zu großes Augenmerk auf mögliche Kosteneinsparungsmöglichkeiten am ausländischen Standort gelegt wurde. Andere Kosten, die durch eine Produktionsverlagerung ins Ausland entstehen, wurden zum großen Teil nicht beachtet. Die Standortentscheidungen waren unausgereift und oft vom Zufall oder von anderen Faktoren, wie z.B. unbekannten Kooperationspartnern beeinflusst. Jedoch findet Schulte auch Anzeichen dafür, die die erste Hypothese unterstützen und damit Rückverlagerungen als eine bewusste Entscheidung für den deutschen Standort sehen. In der Phase der Auslandsproduktion traten Veränderungen auf. Diese waren nahezu unmöglich im Vorfeld abzuschätzen.


BORGMANN/KLOSERMEYER/LÜDICKE (2000) unterstützen mit ihrer Analyse von verschiedenen Rückverlagerungsfällen aus der Presseberichterstattung die zweite Hypo-these. Auch sie begründen im allgemeinen die Rückverlagerung als Ergebnis der Überbewertung von Kosteneinsparungsmöglichkeiten. Schließlich stützt die Analyse von Unternehmen, die erfolgreich am deutschen Standort produzieren und nicht ihre Produktion ins Ausland verlagern, zusätzlich die zweite Hypothese. Rückverlagernde Unternehmen haben demnach die Potentiale, die der deutsche Standort bietet im Vorfeld der Verlagerungsentscheidung nicht richtig eingeschätzt und damit nicht die vorhandene Potentiale, die der deutsche Standort, bietet genutzt und ihrer eine Optimierung am deutschen Standort vorgenommen. Als Fazit der Hypothesenprüfung lässt sich sagen, dass zum größten Teil Rückverlagerungen als Ergebnis eines unausgewogenen Entscheidungsprozesses gesehen werden können. Faktoren und Kosten einer Auslandsproduktion sind im Vorfeld überschätzt bzw. unterschätzt worden. Des Weiteren wurden Potentiale, die der heimische Standort bietet, im Vorfeld entweder gar nicht in die Verlagerungsentscheidung miteinbezogen oder unterschätzt. Jedoch scheint auch die zweite Hypothese eine Rolle zu spielen. Demnach wird sich ein gewisser Anteil von Unternehmen aufgrund veränderter, für die Unternehmen wichtiger Faktoren, bewusst zu einer Rückverlagerung nach Deutschland entscheiden. Die vorliegenden Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass die Veränderung von Faktoren eher eine untergeordnete Rolle bei den Rückverlagerungsgründen einnimmt.

Abb. 5 stellt noch einmal die Hypothesenprüfung dar, wobei eine gestrichelte Linie eine schwächere Unterstützung anzeigt:

Überblick über die Hypothesenprüfung

Abb.5: Überblick über die Hypothesenprüfung
Quelle: Eigene Darstellung

Borgmann, Claudius; Klostermeyer, Axel; Lüdicke, Tanja (2000): Strategische und organisatorische Erfolgsmuster der Herstellung von Einfachprodukten am Standort Deutschland. In: Schmierl, Klaus (Hg.): Intelligente Produktion einfacher Produkte am Standort Deutschland. Frankfurt: Campus Verlag: 61-95.

Kinkel, Steffen; Lay, Gunter; Maloca, Spomenka (2004): Produktionsverlagerungen ins Ausland und Rückverlagerungen. Ergebnisse aus der Erhebung „Innovationen in der Produktion“ des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik. Bericht zum Forschungsauftrag Nr. 8/04 an das Bundesministerium der Finanzen. Karlsruhe: Fraunhofer Institut für Innovation und Systemtechnik.

Schulte, Anja (2002): Das Phänomen der Rückverlagerung. Internationale Standortentscheidungen kleiner und mittlerer Unternehmen. Wiesbaden: Gabler.